BGH, Beschluss vom 23.09.2010 (Az.: IX ZB 282/09)
Stichwort:
Insolvenzantrag eines nachrangigen Gläubigers, wenn keine Befriedigung erwartet werden kann
Einleitung:
Das Insolvenzverfahren ist ein Antragsverfahren. Deswegen ist in § 13 Abs. 1 Satz 1 InsO geregelt, dass das Insolvenzverfahren nur auf schriftlichen Antrag eröffnet wird. Eine amtswegige Verfahrenseröffnung ist nach der Insolvenzordnung ausgeschlossen.
Der Insolvenzantrag kann sowohl vom Schuldner als auch von einem Gläubiger des Schuldners gestellt werden. Dabei ist nach § 14 Abs. 1InsO der Antrag eines Gläubigers auf Insolvenzeröffnung zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Ob auch derjenige Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Verfahrenseröffnung hat, der nur sogenannter nachrangiger Gläubiger ist und der im eröffneten Insolvenzverfahren keine Befriedigung erwarten kann, ist Gegenstand des Beschlusses des BGH vom 23.09.2010.
Die Entscheidung des BGH:
Nach Auffassung des BGH hat auch der Gläubiger einer nur nachrangigen Forderung im Sinne des §§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Befriedigungsaussichten eine Rechtsschutzinteresse im Sinne des § 14 Abs. 1 InsO für einen Insolvenzantrag. Zwar werde in der juristischen Literatur mit Blick auf § 174 Abs. 3 InsO die Auffassung vertreten, dass nachrangige Gläubiger zu einer Antragstellung nur berechtigt sind, wenn sie zumindest eine teilweise Befriedigung erwarten können. Nach Auffassung des BGH betrifft die Regelung des § 174 Abs. 3 InsO jedoch nur das eröffnete Insolvenzverfahren und treffe keine Aussage dahin, dass ein Insolvenzantrag und die Verfahrenseröffnung auf eine nachrangige Forderung nicht gestützt werden könne. Im Ergebnis seien die nachrangigen Insolvenzgläubiger ebenso Insolvenzgläubiger wie die nicht nachrangigen. Auch hänge das Rechtsschutzinteresse für einen Insolvenzantrag generell nicht davon ab, ob der Gläubiger in dem Verfahren eine Befriedigung erlangen könne. Auch im Falle völliger Masseunzulänglichkeit werde das Rechtsschutzinteresse für einen Eröffnungsantrag nicht berührt. Schließlich würde eine Beschränkung der Antragsbefugnis nachrangiger Gläubiger auf Fälle ernsthafter Befriedigungsaussichten den allgemeinen Zwecken eines Insolvenzverfahrens zuwider laufen. Bei den nachrangigen Gläubigern handelt es sich regelmäßig um Gesellschafter von Gesellschaften, die keine natürliche Personen als persönlich haftenden Gesellschafter haben. Würden die Organe der Gesellschaft ihre Antragspflicht missachten, könne das Verfahren nur auf Antrag eines Gläubiger eröffnet werden. Ist sowohl eine Forderung als auch ein Insolvenzgrund gegeben, wäre es nach Auffassung des BGH höchst ungereimt, von einer Verfahrenseröffnung allein wegen der fehlenden Befriedigungsaussichten des Gesellschafters als nachrangiger Gläubiger abzusehen. Vielmehr sei es im Interesse gerade des nicht nachrangigen Gläubigers geboten, auf den Antrag eines nachrangigen Gläubigers das Insolvenzverfahren zu eröffnen.