BGH, Beschluss vom 15.07.2010 (AZ.: IX ZB 229/07)
Erbschaftsanfall zwischen Ankündigung der Restschuldbefreiung und Verfahrensaufhebung; Beginn der gesetzlichen Obliegenheiten während der Wohlverhaltensperiode
Stichworte:
Erbschaftsanfall zwischen Ankündigung der Restschuldbefreiung und Verfahrensaufhebung; Beginn der gesetzlichen Obliegenheiten während der Wohlverhaltensperiode
Einleitung:
Die §§ 35, 36 InsO sehen vor, dass auch der sogenannte Neuerwerb in die Insolvenzmasse fällt, soweit der Neuerwerb pfändbar ist. Fällt dem Schuldner während des Insolvenzverfahrens eine Erbschaft an, dann sind die zur Erbschaft gehörenden Vermögensgegenstände Bestandteile der Insolvenzmasse. Während der Laufzeit der Abtretungserklärung (sogenannte Wohlverhaltensperiode) muss der Schuldner demgegenüber den halben Wert der Erbschaft an den Treuhänder herausgeben. Die andere Hälfte darf der Schuldner für sich behalten und kann darüber frei verfügen. Zwar beginnt die sechsjährige Laufzeit der Abtretung nach § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO mit der – rechtskräftigen – Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die gesetzlichen Obliegenheiten des Schuldners während der Laufzeit der Abtretungserklärung beginnen jedoch erst mit dem Tag, an dem der Ankündigungsbeschluss der Restschuldbefreiung Rechtskraft erlangt hat. Die Abtretungserklärung läuft jedoch während des eröffneten Verfahrens nicht.
Ob eine Erbschaft, die der Schuldner nach Ankündigung der Restschuldbefreiung, jedoch vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens macht, in die Insolvenzmasse fällt oder nicht, ist Gegenstand des Beschlusses des BGH vom 15.07.2010. Zudem beschäftigt sich der Beschluss des BGH mit dem Beginn der Laufzeit der Abtretungserklärung.
Die Entscheidung des BGH:
Nach Auffassung des BGH fällt eine Erbschaft als pfändbarer Neuerwerb des Schuldners nach den §§ 35, 36 InsO in die Insolvenzmasse, wenn die Erbschaft vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens angefallen ist, auch wenn ihm schon die Restschuldbefreiung angekündigt worden ist. Des Weiteren stellt der BGH fest, dass es für die Wirksamkeit des Aufhebungsbeschlusses auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung und nicht auf den Zeitpunkt der Bekanntmachung ankommt; erst mit der wirksamen Verfahrensaufhebung treffen den Schuldner die Obliegenheiten während der Wohlverhaltensperiode. Im Ergebnis treffen den Schuldner damit sämtliche Obliegenheiten des § 295 InsO vom Zeitpunkt der Beschlussfassung des Aufhebungsbeschlusses und nach dem rechtskräftigen Ankündigungsbeschluss der Restschuldbefreiung.